Berechnung der Realabgabenquote bei Arbeitnehmern

Interview mit dem MDR am 10.12.2008 in der Sendung „Thüringen Exklusiv“

Einleitung

Über Steuern und Abgaben gibt es eine Menge volkstümlicher Meinungen, die, obwohl sie oft wiederholt werden dennoch falsch sind. Dieser Artikel räumt mit einigen dieser Vorurteile auf – und kommt dabei zu wahrlich erschreckenden Ergebnissen. Der Leser ist aufgerufen, die Zahlen und die Erläuterungen zu studieren und sich dann selbst eine Meinung zu bilden. Eine eigene Meinung!

Die nachstehende Fassung der Rechnung berücksichtigt die Erhöhung des Zwangsabgabensatzes zur Pflegeversicherung zum 01.07.2008 und die Einführung eines Einheitsbeitrages für alle Kassen bei der Zwangskrankenversicherung zum 1. Januar 2009 sowie das 2. Konjunkturpaket.

Von diesem Dokument gibt es jetzt auch eine druckerfreundliche PDF-Version zum Verteilen und Überzeugen 🙂 Bitte verbreiten Sie Druckversion weiter wo immer sie auf Interesse stößt…

Im BWL-Boten sind weitere interessante Artikel zum Thema erschienen
(öffnen sich in einem separaten Fenster):

Anscheinend liest man auch beim Mitteldeutschen Rundfunk den BWL-Boten. Dort ist man jedenfalls auf meinen Protest aufmerksam geworden und hat in der Sendung „Thüringen Exklusiv“ am 10.12.2008 in einem dreiminütigen Filmbeitrag über mich berichtet:

Bildschirmfoto 2
Bildschirmfoto 2

Grundannahmen des Modells

Die Berechnung der persönlichen Abgabenquote ist eine komplexe Angelegenheit. Sie setzt insbesondere voraus, daß persönliche Lebensumstände genau vorhergesagt werden. Das ist kaum generalisierbar. Wir werden daher bestimmte Annahmen zugrundelegen, die auf den Leser zutreffen können oder auch nicht. Zweck ist nicht, die Steuerquote des einzelnen Lesers vorherzusagen, sondern eine typifizierende und generalisierende Rechnung aufzustellen. Hierfür werden viele Vereinfachungen in Kauf genommen. Ein drastisches Ergebnis entsteht dennoch.

Diese Version legt das 2. Konjunkturpaket zugrunde.

Als Steuern, Abgaben und abgabeähnliche Tatbestände betrachten wir in dieser Darstellung alle von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen gleich welcher Art auferlegten Geldleistungen und alle damit in direktem Zusammenhang stehenden anderen Leistungs- oder Zahlungsverpflichtungen, die ein Arbeitnehmer zur Aufrechterhaltung seiner Berufstätigkeit leisten muß.

Steuern i.S.v. §3 AO werden vom Fiskus ohne Anspruch auf eine direkte Gegenleistung allen auferlegt, die einen bestimmten Tatbestand verwirklichen. Fisken sind Bund, Länder und Gemeinden. Die Rechnung bezieht direkte und indirekte Steuern ein (Art. 106 GG).

Abgaben sind Leistungen, die vom Fiskus oder von Parafisken all denen auferlegt werden, die einen bestimmten Tatbestand erfüllen, und die einen Anspruch auf eine bestimmte Gegenleistung erfüllen. Parafisken sind im Zusammenhang mit Arbeitnehmern zunächst die fünf Zwangsversicherungen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis relevant sind. Sie gewähren für Zwangsbeiträge einen Anspruch auf eine bestimmte Gegenleistung, z.B. eine Altersrente oder Kostenübernahme bei Arztbehandlung.

Abgabeähnliche Tatbestände sind Sachverhalte, die notwendig sind, die Einnahmen zu erhalten, oder die von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen (Fiskus, Parafiskus) indirekt erhoben werden. In die erste Kategorie fallen im steuerrechtlichen Sinne Werbungskosten und Betriebsausgaben. Sie werden in dieser Rechnung teilweise angesetzt. Hauptbeispiel sidn die Mobilitätskosten, denn ohne Mobilität kein Arbeitsplatz und kein Einkommen. In die zweite Gruppe fallen z.B. Praxisgebühr und Zuzahlungen. Sie sind „versteckte Steuern“. Das wird auch dadurch deutlich, daß sie früher von den Parafisken im Wege der Zwangsversicherung gedeckt worden sind, jetzt aber aus dieser Deckung ausgegliedert wurden.

Nicht berücksichtigt werden die meisten in Preisen versteckte Abgabenquoten. Sie würden die Ergebnisse noch drastischer gestalten. Dies können indirekte Steuern sein, wie z.B. Stromsteuern oder die Konzessionsabgabe, oder Quasi-Steuern wie z.B. die Kosten für den Emissionshandel. Um eine überschaubare Darstellung zu erreichen ist eine präzise Einzelabrechnung weder sinnvoll noch möglich. Wir werden jedoch indirekte Steuern berücksichtigen, soweit sie ohne übermäßig komplexes Zahlenwerk darstellbar sind.

Schließlich werden vielfach vereinfachende Annahmen über Konsum und persönliche Daten zugrundegelegt. Dies führt dazu, daß viele Werte der folgenden Rechnung bei einer bestimmten realen Person andere Zahlenwerte annehmen können. Dies ist für das grundlegende Ergebnis der nachstehenden Berechnung jedoch nicht relevant.

Grafische Darstellung unseres Modells

Um sich zu verdeutlichen, wie das vorstehende Zahlenwerk aufgebaut ist, kann ein grafisches Modell hilfreich sein. Dieses Modell skizziert die Kosten- und Zahlungsbestandteile des Arbeitgebers und deren letztendliche Verwendung, d.h. deren schlußendlichen (direkten oder indirekten) Verbleib beim Arbeitnehmer (AN) oder beim Staat:

Teil

Aufwendungen und Kosten

Zahlungsbestandteile

Teil

 

AG-Berufsgenossenschaft

Abführung an Berufsgenossenschaft

 

AG-Sozialversicherung
AG-RV, KV, PV, ALV

Abführung an Krankenkasse

Bruttolohn

AN-Sozialversicherung
AG-RV, KV, PV, ALV

AN-Besteuerung
LSt, KiSt, SZ

Abführung an Finanzamt

Nettolohn

Überweisung
an den AN

Indirekte Abgaben
(z.B. USt.)

Sonstige Lasten
(z.B. Gesundheit)

Frei Verfügbar
(Realeinkommen)

 

Zur Realabgabenquote kommt man, indem man die Summe aller direkten und indirekten Steuern, Abgaben und sonstigen Lasten (Rot) durch die Summe der Personalaufwendungen (Magenta) dividiert.

Im Gegensatz zu den vielfach von amtlichen Stellen verbreiteten Rechnungen berücksichtigt unser Zahlenwerk auch die „versteckten“ Belastungen des Arbeitnehmers. Die vorliegende Rechnung ist daher, im Gegensatz zu regierungsamtlichen Augenwischereien, ehrlich. Das ist freilich bisweilen schwer zu ertragen – wir wissen das sehr wohl.

Berechnung »Normalverdiener«

Die folgende Analyse ermittelt die reale Steuer- und Abgabenquote eines „Normalverdieners“. Bitte beachten Sie die dem Zahlenwerk zugrundeliegenden Grundannahmen sowie die Erläuterungen zu den einzelnen Zeilen des nachfolgenden Zahlenwerkes:

Brutto-Monatsgehalt: 2.000,00 €
./. Lohnsteuer (Tabelle 2009): 253,08 €
./. Kirchensteuer 9%: 22,78 €
./. Solidaritätszuschlag 5,5%: 13,92 €
./. AN-RV 19,9%: 199,00 €
./. AN-KV (Einheitsbeitrag) 14,0%: 140,00 €
./. AN-KV (Sonderbeitrag) 0,9%: 18,00 €
./. AN-ALV 2,8%: 28,00 €
./. AN-PV 2,2% (0,25% Zuschlag/keine Kinder): 22,00 €
= Netto-Auszahlung: 1.303,22 €
./. Praxisgebühren (monatlich): 3,33 €
./. Sonst. Gesundheitskosten: 20,00 €
./. Kfz-Steuer (Schätzung): 30,00 €
./. Kfz-Versicherung (Schätzung): 60,00 €
= Netto minus direkte Abzüge: 1.189,89 €
./. USt. (MWSt.) 19% auf 75% der Ausgaben: 142,49 €
./. USt. (MWSt.) 7% auf 25% der Ausgaben: 19,46 €
./. Benzinsteuer 0,7210 €/Liter, 80 Liter Verbrauch: 57,68 €
./. Verbrauchssteuer (Schätzung): 100,00 €
./. AfA Auto 4 Jahre Nutzung, 8.000 € Neuwert: 166,67 €
= Verwertbares Realeinkommen: 703,60 €
= Brutto-Abgabenquote: 64,82%
Berufsgenossenschaft 3%: 60,00 €
= AG-SV inkl. BG: 464,00 €
= Gesamter Personalaufwand: 2.449,00 €
= Real-Abgabenquote: 71,27%

Hinweise zu dieser Version: Diese Fassung berücksichtigt die Erhöhung des Beitragssatzes zur Zwangspflegeversicherung von bisher 1,7% um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95% zum 1. Juli 2008. Der in der Berechnung angegebene Satz i.H.v. 2,2% bezieht zudem den Strafzuschlag für kinderlose Versicherte um weitere 0,25 Prozentpunkte mit ein. Zudem wird das 2. Konjunkturpaket berücksichtigt.

Berechnung »Besserverdiener«

Die folgende Analyse ermittelt die reale Steuer- und Abgabenquote eines „Besserverdieners“. Bitte beachten Sie die dem Zahlenwerk zugrundeliegenden Grundannahmen sowie die Erläuterungen zu den einzelnen Zeilen des nachfolgenden Zahlenwerkes:

Brutto-Monatsgehalt: 3.200,00 €
./. Lohnsteuer (Tabelle 2009): 609,25 €
./. Kirchensteuer 9%: 54,83 €
./. Solidaritätszuschlag 5,5%: 33,51 €
./. AN-RV 19,9%: 318,40 €
./. AN-KV (Einheitsbeitrag) 14,0%: 224,00 €
./. AN-KV (Sonderbeitrag) 0,9%: 28,80 €
./. AN-ALV 2,8%: 44,80 €
./. AN-PV 2,2% (0,25% Zuschlag/keine Kinder): 35,20 €
= Netto-Auszahlung: 1.851,21 €
./. Praxisgebühren (monatlich): 3,33 €
./. Sonst. Gesundheitskosten: 20,00 €
./. Kfz-Steuer (Schätzung): 30,00 €
./. Kfz-Versicherung (Schätzung): 75,00 €
= Netto minus direkte Abzüge: 1.722,88 €
./. USt. (MWSt.) 19% auf 75% der Ausgaben: 206,31 €
./. USt. (MWSt.) 7% auf 25% der Ausgaben: 28,18 €
./. Benzinsteuer 0,7210 €/Liter, 100 Liter Verbrauch: 72,10 €
./. Verbrauchssteuer (Schätzung): 160,00 €
./. AfA Auto 4 Jahre Nutzung, 12.000 € Neuwert: 250,00 €
= Verwertbares Realeinkommen: 1.006,29 €
= Brutto-Abgabenquote: 68,55%
Berufsgenossenschaft 3%: 96,00 €
= AG-SV inkl. BG: 718,40 €
= Gesamter Personalaufwand: 3.918,40 €
= Real-Abgabenquote: 74,32%

Hinweise zu dieser Version: Diese Fassung berücksichtigt die Erhöhung des Beitragssatzes zur Zwangspflegeversicherung von bisher 1,7% um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95% zum 1. Juli 2008. Der in der Berechnung angegebene Satz i.H.v. 2,2% bezieht zudem den Strafzuschlag für kinderlose Versicherte um weitere 0,25 Prozentpunkte mit ein. Zudem wird das 2. Konjunkturpaket berücksichtigt.

Berechnung »Geringverdiener«

Die folgende Analyse ermittelt die reale Steuer- und Abgabenquote eines „Geringverdieners“. Bitte beachten Sie die dem Zahlenwerk zugrundeliegenden Grundannahmen sowie die Erläuterungen zu den einzelnen Zeilen des nachfolgenden Zahlenwerkes:

Brutto-Monatsgehalt: 1.400,00 €
./. Lohnsteuer (Tabelle 2009): 96,91 €
./. Kirchensteuer 9%: 8,72 €
./. Solidaritätszuschlag 5,5%: 5,33 €
./. AN-RV 19,9%: 139,30 €
./. AN-KV (Einheitsbeitrag) 14,0%: 98,00 €
./. AN-KV (Sonderbeitrag) 0,9%: 12,60 €
./. AN-ALV 2,8%: 19,60 €
./. AN-PV 2,2% (0,25% Zuschlag/keine Kinder): 15,40 €
= Netto-Auszahlung: 1.004,14 €
./. Praxisgebühren (monatlich): 3,33 €
./. Sonst. Gesundheitskosten: 20,00 €
./. Öffentliche Verkehrsmittel (Schätzung): 100,00 €
= Netto minus direkte Abzüge: 880,81 €
./. USt. (MWSt.) 19% auf 75% der Ausgaben: 105,47 €
./. USt. (MWSt.) 7% auf 25% der Ausgaben: 14,41 €
./. Verbrauchssteuer (Schätzung): 70,00 €
= Verwertbares Realeinkommen: 690,93 €
= Brutto-Abgabenquote: 50,65%
Berufsgenossenschaft 3%: 42,00 €
= AG-SV inkl. BG: 314,30 €
= Gesamter Personalaufwand: 1.714,30 €
= Real-Abgabenquote: 59,70%

Hinweise zu dieser Version: Diese Fassung berücksichtigt die Erhöhung des Beitragssatzes zur Zwangspflegeversicherung von bisher 1,7% um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95% zum 1. Juli 2008. Der in der Berechnung angegebene Satz i.H.v. 2,2% bezieht zudem den Strafzuschlag für kinderlose Versicherte um weitere 0,25 Prozentpunkte mit ein. Zudem wird das 2. Konjunkturpaket berücksichtigt.

Erläuterungen und Anmerkungen

Bitte beachten Sie die folgenden Erläuterungen und Anmerkungen zu den einzelnen Zeilen der vorstehenden drei Zahlenwerke:

Brutto-Monatsgehalt: Das vertraglich vereinbarte Monatsentgelt. Der Wert ist nur ein Teil der zu betrachtenden Summe; die Arbeitgeber-Aufwendungen kommen hinzu. Schon insofern ist es also falsch, von einem Monatsentgelt zu sprechen: die Arbeitgeber-Sozialaufwendungen, die der Arbeitnehmer nie zu sehen bekommt, sind ebenso Teil der Rechnung, und Teil der Entscheidung, ob ein Arbeitsplatz in Deutschland bleibt oder exportiert wird.

Lohnsteuer: Zu berechnen aufgrund von §32a EStG, aber mit einer Vielzahl von Details, die persönliche Lebensumstände einbeziehen. Der hier gegebene Wert kann im Einzelfall geringfügig abweichen. Unsere Annahme: keine Kinder, Steuerklasse I. Viele weitere Einzelheiten werden ignoriert, um die Sache überschaubar zu halten.

Kirchensteuer: Je nach Bundesland 8% oder 9% von der Lohnsteuer, streckenweise sogar von einer Gemeinde zur nächsten (!) unterschiedlich. Annahme in dieser Rechnung: 9%.

Solidaritätszuschlag: Derzeit 5,5% der Lohnsteuer.

»AN«-Zeilen: Zwangsabgaben des Arbeitnehmers, von Parafisken wie der Krankenkassen oder der Rentenversicherung auferlegt. Die Beitragssätze auf den Bruttolohn sind angegeben; in diesen Zeilen ist jedoch nur der vom Arbeitnehmer (AN) zu entrichtende Anteil (i.d.R. die Hälfte der Gesamtsumme) ausgewiesen.

Netto-Auszahlung: Bruttolohn minus alle vorstehenden Steuern und Abgaben.

Praxisgebühren (monatlich): Schätzung der zusätzlich zu den Zwangskrankenversicherungsbeiträgen monatlich zu entrichtenden Praxisgebühren. Sie werden in die Rechnung einbezogen, weil sie eine indirekte Erhöhung der durch die Parafisken auferlegten Abgaben darstellen.

Sonst. Gesundheitskosten: Zuzahlungen bei Medikamenten, aber z.B. auch die gesamten Aufwendungen bei Brillen und ein erheblicher Anteil bei Zahnersatz; hier sehr niedrig geschätzt berücksichtigt man, daß ein Gebiß mehr als ein Kleinwagen kosten kann. Sie werden in die Rechnung einbezogen, weil sie eine indirekte Erhöhung der durch die Parafisken auferlegten Abgaben darstellen. Man beachte, daß die Krankenversicherung früher keinen Selbstbehalt kannte.

Kfz-Steuer und Kfz-Versicherung: Schätzwerte, in ungefährer Abhängigkeit von der Größe des Fahrzeuges. Kann im Einzelfall stark von den Schätzungen abweichen.

Netto minus direkte Abzüge: Die Nettoauszahlung minus alle oberhalb dieser Zeile ausgewiesenen weiteren Abgaben.

USt.: Die Rechnung legt zugrunde, daß drei Viertel der frei verfügbaren Einkünfte zu 19% und ein Viertel zu 7% Umsatzsteuer belastet werden. Der ermäßigte Steuersatz betrifft insbesondere Lebensmittel und Bücher. Die vorstehenden Dinge (Versicherungen usw.) sind umsatzsteuerfrei.

Benzinsteuer: Das ist der Satz ohne Einbeziehung der Umsatzsteuer. Zu diesem Steuersatz ist möglicherweise dieser Artikel interessant.

Verbrauchssteuer (Schätzung): Sammelposition für eine Vielzahl weiterer indirekter Steuern außer Benzin- und Umsatzsteuer, z.B. die Tabaksteuer, die Zuckersteuer, Bier- oder Branntweinabgabe usw. Die Position ist bewußt pauschal gehalten, weil sie nur präzise berechnet werden kann, wenn die individuellen Lebensgewohnheiten einer Person exakt simuliert werden, was die Rechnung insgesamt sehr unübersichtlich machen würde. Der Posten enthält auch die Stromsteuer und die sonstigen Staatsanteile im Strompreis. Deren Höhe hat der BWL-Bote hier berechnet.

Auto: Die Annahmen über den Wert des Fahrzeuges und die Nutzungsdauer, die die Abschreibung (AfA) ergeben, sind Schätzungen. Da das Auto zur Erhaltung der Einkünfte unerläßlich ist, muß es in diese Rechnung einbezogen werden.

Öffentliche Verkehrsmittel: Bei Arbeitnehmern ohne Auto (nur im „Geringverdiener“-Fall) eine Schätzung über die Höhe der Mobilitätskosten für die Wege zur Arbeit.

Verwertbares Realeinkommen: Rest des Bruttolohnes nach Abzug aller über dieser Zeile aufgeführter Abzüge.

Brutto-Abgabenquote: Summe aller Abzüge, die über dieser Zeile aufgeführt werden, geteilt durch den Bruttolohn. Man beachte, daß diese Rechnung eigentlich Augenwischerei ist, denn die wirklichen Kosten des Arbeitsverhältnisses sind höher: sie beziehen die Aufwendungen des Arbeitgebers mit ein!

Berufsgenossenschaft: Schätzung über die Höhe der Unfall-Zwangsversicherung. Diese wird nur vom Arbeitgeber getragen (kein Abzug vom Brutto). Der Wert hängt von der Gefahreneinstufugn des Arbeitnehmers ab und kann stark schwanken.

»AG«-Zeile: Summe der in den »AN«-Zeilen aufgeführten Zwangsversicherungen; andere „Hälfte“, d.h. die vom Arbeitgeber zusätzlich (!) zum Bruttolohn zu zahlenden Beiträge. Die Zeile bezieht den vorstehenden Wert der Berufsgenossenschaft mit ein, zeigt also die Lohn-Zusatzkosten.

Gesamter Personalaufwand: Summe des Bruttolohnes und der vorstehenden gesamten Arbeitgeber-Versicherungsanteile (Lohn-Zusatzkosten). Diese Summe repräsentiert die Gesamtkosten, die das Arbeitsverhältnis in den Büchern des Arbeitgebers verursacht und ist daher die wirkliche Bemessungsgrundlage für die Abgabenquotenrechnung.

Real-Abgabenquote: Summe aller direkten und indirekten Abzüge aus dieser Rechnung geteilt durch den gesamten Personalaufwand.

Gedanken zur Zeit

Es ist ziemlich offensichtlich, daß die hier sichtbare Steuer- und Abgabenpolitik hochgradig unsozial ist, denn sie belastet untere Einkommen überproportional. Kann ein „Reicher“ die gegenwärtigen Erhöhungen der indirekten Abgaben noch aus der Portokasse zahlen, führen sie bei einem „Geringverdiener“ direkt zur Einschränkung seiner wirtschaftlichen Wahlhandlungsfreiheiten. Da zu vermuten steht, daß das die Entscheidungsträger wenigstens von ihren Beratern gesagt bekommen haben, muß man davon ausgehen, daß die vergrößerung des sozialen Abstandes in der Gesellschaft gewollt ist oder wenigstens leichtfertig in Kauf genommen wird. Oder, um es mit einem Wort zu sagen: Die Steuer- und Abgabenpolitik verschärft die sozialen Unterschiede.

Ganz offensichtlich verwendet man die Ängste der Menschen, um sie ruhigzustellen. So werden neue Steuern oft mit den Argumenten der Ökochonder und Planetenretter begründet, also einst der Mär vom Waldsterben, heute mit der Klima-Ideologie. So bleibt dem Ökogläubigen das ideologische Hochgefühl, an der Rettung der Welt durch seine Verarmung mitgewirkt zu haben, und dem Ungläubigen bleibt nur der ohnmächtige Zorn. Doch was lange gärt wird endlich Wut.

Mit einem Minimum an gesundem Menschenverstand, und nach ausführlicher Lektüre und geistiger Verarbeitung der Laffer- und der Gutman-Kurve, lassen sich einige Empfehlungen geben, mit denen aus Deutschland innerhalb weniger Monate tatsächlich eine blühende Landschaft gemacht werden könnte. Daß diese Empfehlungen niemand bedenkt, ja daß sie nichtmal öffentlich diskutiert werden, ist ein Zeichen dafür, daß künstlich erzeugte Arbeitslosigkeit, Ungleichheit und Armut nicht gottgewollt sind, sondern ein Herrschaftsmittel. Mit einem Wort: Das Volk soll arm sein, denn dann ist es leichter beherrschbar.

Wir werden also den folgenden Maßnahmenkatalog vermutlich nicht in einem Partei- oder gar in einem Regierungsprogramm lesen, denn Machterhalt ist das generelle Leitbild der parasitären Kaste:

  • Drastische Steuersenkung der direkten Steuern für alle;
  • Abschaffung ideologisch motivierter Steuern und Abgaben wie der Ökosteuer;
  • Abschaffung ideologisch motivierter Quasi-Steuern, d.h., ersatz- und entschädigungslose Streichung des Zertifikatehandels;
  • Drastische Vereinfachung des Steuerrechts, so daß jeder seine eigene Steuererklärung machen kann;
  • Ebenso drastische Entrümpelung anderer bürokratischer Rechtsbereiche wie Bau-, Umwelt- oder Gewerberecht;
  • Abschaffung aller Zwangsversicherungen;
  • Umstellung der Altersvorsorge auf ausschließlich privat gedeckte Modelle.

Und was wäre die Folge? Die Staatseinnahmen steigen und die Staatsausgaben sinken. Zugleich geht die Arbeitslosigkeit binnen weniger Wochen drastisch zurück und die Kontrolleure der Zollämter langweilen sich, weil sie keine Schwarzarbeiter mehr aufspüren – denn es gibt kaum noch welche. In einem Wort: Deutschland blüht auf. Aber das will ja keiner wirklich…

Torsten

Ich bin Autor, Berater, Redakteur und Betriebswirt. Ich führe die Webseite von Harry Zingel mit bestem Wissen und Gewissen weiter.

Next Post

Zur Theoriegeschichte des individualistisch-utilitaristischen Ansatzes

Mo Mrz 2 , 2009
Eine kleine Übersicht zur Geschichte der Wirtschaftswissenschaften 1. Die Schottische Moralphilosophen: David Hume (1711-1776), Adam Smith (1723-1790), Adam Ferguson (1723-1816): Begründeten eine Moralphilosophie in Kontrast zu der herkömmlichen Metaphysik, deren zentrale Aussage war, daß der Bereich der Moralphänomene in gleicher Weise einer wissenschaftlichen Behandlung zugänglich sei, wie der Bereich der Naturphänomene (unter dem Eindruck Newton’s Erfolgen). Diese Moralphilisophie […]

You May Like