Deutschland und seine Existenzgründer: Eine Liebesgeschichte?
Dass eine Unternehmensgründung in Deutschland ein einfacher Akt sei, wird uns immer wieder suggeriert. An sich ist der reine Verwaltungsakt, das Gewerbe anmelden, auch sehr einfach, nur wenn es in das Detail geht kommen auf einmal viele Komplikationen. Ein einfaches Heimgewerbe kann aufgrund von Vorschriften in allen Bereichen schon ein sehr kompliziertes Unterfangen sein. Wer gleich den nächsten Schritt gehen möchte, und beispielsweise über Geschäftsräume und Vertriebsmodelle nachdenken will, der stößt schnell an seine Grenzen. Auch aus diesem Grund ist Deutschland eines der Länder in der westlichen Welt, in dem Gründer sich nicht gern selbstständig machen. Dieser Sachverhalt kann zu einem echten Hindernis für den Wirtschaftsstandort werden und ist es teilweise schon jetzt.
Bürokratie ist eines der größten Hindernisse
Die Bürokratie ist in Deutschland das Lieblingskind der Politik. Gäbe es nur einen Bereich, für den kein Regelwerk vorhanden wäre, dann hätten die Politiker wieder ein Betätigungsfeld gefunden. Gerade Existenzgründer leiden unter einer ausufernden Bürokratie, die sich oft erst im Verlauf der Gründung bemerkbar macht. Der aktuelle GEM-Report zeigt die Schwachstellen in Deutschland in aller Deutlichkeit auf. Wer beispielsweise ein Restaurant eröffnen möchte, der muss schon vor der Anmeldung des Gewerbes viele Voraussetzungen erfüllen. Je näher der angehende Restaurantbesitzer seinem Traum kommt, umso mehr Vorgaben muss er erfüllen. Die Experten der GEM haben erfasst, dass viele Gründer schon vor der Geschäftseröffnung entnervt aufgeben und so ihr Vorhaben letztlich nicht verwirklichen. Wozu sollte man tausende von Vorschriften erfüllen, wenn man sich im europäischen Ausland viel schneller und deutlich kostengünstiger selbstständig machen kann? Die Politiker versprechen mittlerweile schon fast seit Generationen eine Verbesserung, doch geschehen ist bisher sehr wenig. Das Problem ist altbekannt, wie dieser recht interessante und etwas ältere Artikel aus der Welt-Zeitung beweist. Bis heute hat sich in den dort genannten Bereichen nur wenig getan. Zwar sind die Wege durch die Digitalisierung in vielen Bereichen kürzer geworden, aber um sie begehen zu können, müssen die alten Vorschriften noch immer erfüllt werden. Deutschland ist ein Land, in dem Gründer viele Hürden überwinden müssen und das kann sich mittelfristig und langfristig zu einem echten Problem für eine Volkswirtschaft entwickeln.
Hohe Abgaben, ein komplexes Steuerrecht und fehlende Entlastungsmöglichkeiten
Die Amerikaner bezeichnen die Deutschen oft und gerne als „tax driven“. Irgendwie scheinen wir eine Affinität für Steuern und komplexe Steuergesetzgebungen zu haben. Das mag im pädagogischen Sinne wertvoll sein und das mathematische Denkvermögen auch im hohen Alter trainieren, in der Praxis ist ein komplexes Steuerrecht aber eher ein Hindernis für die Wirtschaft. Gerade Existenzgründer leiden unter einer vergleichsweise hohen Abgabenlast und müssen schon im Zuge der Gründung mit hohen steuerlichen Belastungen rechnen. Neueste Studien zeigen, dass gerade der Mittelstand und Existenzgründer durch komplexe Steuersysteme von lebenswichtigen Investitionen abgehalten werden. Peter Alfons Schmidt beschreibt diese Problematik in seinem Buch „Neugestaltung der Staatenwelt im 21. Jahrhundert“ sehr anschaulich. Es kommen auf jeden Gründer eine Reihe von Steuerbelastungen zu. Die Vorsteuer wird fällig, Rücklagen für die Umsatzsteuer müssen gebildet werden und letztlich kommen noch hohe Gebühren für die Gründung und die daraus folgenden Formalitäten dazu. Eine Unternehmensgründung ohne Rücklagen ist somit faktisch zum Scheitern verurteilt und die umsatzbasierte Unternehmensgründung nicht mehr möglich.
Hohe Kapitalanforderungen machen eine Gründung unattraktiv
Wer nicht genügend Kapital hat, der braucht in Deutschland nicht einmal ansatzweise an eine Geschäftsgründung zu denken. Zu den Gründungskosten kommen Kosten für Rücklagen. Dazu gehören Steuerrücklagen für das Unternehmen, aber auch Rücklagen für die private Einkommenssteuer. Die kommt in Deutschland für Unternehmer noch obendrauf und kann schnell teuer werden. Wenn das nicht reicht, dann kommen die steigenden Kosten für Rohstoffe, Energiekosten und Gehälter in das Spiel. Als Freiberufler, oder Solo-Selbständiger hat man diese Kosten natürlich nur bedingt, aber wenn man gleich größer starten möchte oder aber sein Geschäft erweitern will, dann hat man schnell ein großes Finanzierungsproblem. Deutschland ist ein Land, in dem man als Gründer mit 20.000 Euro nicht weit kommen kann. Das ist ein großes Problem, denn gerade junge Gründer können das benötigte Kapital alleine nicht aufbringen. Zwar gibt es in Deutschland viele Förderungen und Möglichkeiten zur Kreditaufnahme. Diese sind aber auch von der wirtschaftlichen Lage des Landes und der Finanzwirtschaft abhängig. Das macht eine Gründung zu einem Unterfangen, für welches der Gründer den richtigen Zeitpunkt nutzen muss und nicht mehr unabhängig von externen Faktoren seine Unternehmensgründung vorantreiben kann.
Ökologische Vorgaben verhindern eine freie Entfaltung der Existenzgründer
Natürlich ist der Klimawandel wichtig und muss bekämpft werden. Aber die Form, die Deutschland gewählt hat, ist maximal ineffizient. Unternehmen und Gründer werden mit immer neuen Vorgaben konfrontiert, die sich teilweise noch nicht einmal umsetzen lassen. Oft erlässt die Politik eine Vorschrift in der Hoffnung, dass sich das daraus entstehende Problem mit der Zeit lösen wird. Das mag vielleicht stimmen, hindert aber in der aktuellen Situation die Gründer am Erfolg und zwingt sie abzuwarten bis eben diese Lösung verfügbar ist. Schon jetzt beklagen viele Gründer die mangelnden Möglichkeiten zur Umsetzung mancher Vorgaben. Auch die oft notwendige Zertifizierung von Produkten ist in vielen Fällen nicht einhaltbar. Das gilt insbesondere dann, wenn die Produkte aus dem Ausland kommen und die Vorgaben für die Zertifizierung bei der Produktion vor Ort schlichtweg nicht eingehalten werden können. Rein rechtlich mag Deutschland im Bereich der Klimaschutzgesetzgebung vielleicht das modernste Land der Welt sein. Aber in der Realität nutzt das beste Gesetz nichts, wenn es die Entwicklung der Wirtschaft mittelfristig und langfristig behindert. Ein gutes Beispiel hierfür ist das aktuelle Lieferkettengesetz. Dr. José A. Campos Nave weist in seinem Beitrag ausdrücklich darauf hin, dass das Gesetz durchaus sinnvoll ist. In der praktischen Umsetzung ergeben sich für die Unternehmen aber viele Probleme. Selbst wenn das Gesetz aktuell nur für große Unternehmen gilt, so wäre die angedachte Ausweitung auf mittelständische Unternehmen und Existenzgründer in dem derzeitigen Zustand nicht durchführbar.
Fazit: Freie Gründung ist in Deutschland unmöglich
Für Existenzgründer ist Amerika das große Vorbild. Hier ist eine Gründung in der Garage kein Problem, in Deutschland kommt die Frage auf, ob die Garage auch Mitarbeitertoiletten enthält und ob sie als Gewerbefläche zugelassen ist. Das sind keine Scherzfragen, sondern reale Probleme, mit denen Gründer konfrontiert sind. Die Politik ist hier gefragt und sollte endlich Lösungen präsentieren. Aber viel zu oft spielen die Interessen der Großkonzerne eine wichtigere Rolle. Dabei wird übersehen, dass eine innovative Wirtschaft nur durch eine gesunde Mischung zwischen kleinen und großen Unternehmen entstehen kann. Das Kleinunternehmertum und die Existenzgründer zu begrenzen bedeutet, dass langfristig wirtschaftliche Potenziale vergeudet und vernichtet werden. Deswegen der gute Rat an dieser Stelle: Wer in Deutschland als Existenzgründer erfolgreich sein will, der lernt eine Sprache und sollte möglichst schnell auswandern.